Anhang

Rückblick: Der Browserkrieg (1995-2001)

Begonnen hat die Geschichte mit der Software MOSAIC, die der Student Marc Andreessen 1992 am National Center for Supercomputing Applications (NCSA) an der Universität Illinois entwickelt. 1993 war sein Browser extrem erfolgreich und mutierte zum De-facto-Standard. "...an application program so different and so obviously useful that it can create a new industry from scratch..." schrieb die New York Times 1993.

Besonders innovativ an MOSAIC war die gleichzeitige Darstellung von Text und Grafik innerhalb einer Seite sowie die visuelle Unterstützung von Hyperlinks. Ebenfalls integriert war eine intuitiv zu bedienende Oberfläche (GUI). MOSAIC wurde für nahezu jede Hardwareplattform angeboten.

Mitte 1994 gründeten Andreessen und Jim Clark die Mosaic Communications Corp. Im Silicon Valley, die Ende 1994 in Netscape Communications Corp. umbenannt wurde. Das Geschäftsmodell: für Studenten und Bildungseinrichtungen war der Browser frei zugänglich, für alle anderen kostete die Software 39,00 $. Parallel dazu entwickelte Netscape Server-Software (inkl. SSL-Technologie), die im preislichen Segment zwischen 1.500,00 - 5.000,00 $ vor allem an Versandfirmen und Banken verkauft wurde. Die Strategie hieß "Marktanteile vor Gewinn". 1995 betrug der Marktanteil von Netscape 85%.

Anfang 1996 erkennt Microsoft auf einmal das ungeheure Potenzial des Internets, welches man in Redmond jahrelang nicht beachtet bzw. kräftig unterschätzt hatte. Kurzerhand lässt Bill Gates eine Milliarde Dollar in die Entwicklung des Microsoft Internet Explorers (IE) investieren. Seine Strategie sieht anders aus als die von Netscape: den IE kann jedermann kostenlos im Netz herunterladen.

Die ersten Versionen des IE sind kaum erwähnenswert. Selbst die Version 3.0 hinkt dem unter ebenfalls unter dieser Releasenummer erscheinenden Netscape-Browser technisch hinterher. Doch bereits die folgende Version übertrifft den (ebenfalls neuen) Netscape Communicator.

Microsoft geht einen Schritt weiter und "überredet" die PC-Hersteller, Windows95 gemeinsam mit dem IE als Standardausrüstung auf jedem PC zu installieren. In den folgenden Jahren nutzt der Redmonder Riese seine führende Marktstellung weiter aus und koppelt den IE mit Windows98. Und das neue Windows NT sticht das teurere Netscape-Paket im Bereich Serversoftware aus. Gleichzeitig entwickelt Microsoft eigene Standards und Formate (z.B. ActiveX).

Im Dezember 1997 ergeht ein einstweiliges Urteil gegen Microsoft: die Windows-Lizenzvergabe ist nicht mehr an die Installation des IE gebunden. Ein Jahr später wacht Netscape endlich auf und ändert seine Strategie: auch der Communicator kann nun kostenlos aus dem Netz heruntergeladen werden.

Inzwischen ist Microsoft eine Allianz mit AOL eingegangen und erhält dadurch rund 13 Millionen neuer IE-Benutzer auf einen Schlag. Mit diesem Coup zieht die Gates Company mit Netscape gleich. Es kommt zwischen den beiden Unternehmen zu einem Wettbewerb zwischen Standards, der auf den Schultern der Benutzer ausgetragen wird.

Im April 1998 legt Netscape den Quellcode seines Browser offen: das Mozilla-Projekt ist geboren. Ein von Netscape weitestgehend unabhängiges Entwicklerteam überwacht als Koordinator die selbständige Weiterentwicklung des freien Browsers. Das Release von Netscape 6 (mit Mozilla Know-how) floppt gewaltig. Gleichzeitig bringt Mozilla das erste eigene Release heraus.

Mit Beginn des neuen Jahrtausends ist der Marktanteil von Netscape faktisch bedeutungslos geworden. Ob es nun an der schieren Größe des "Gegners" gelegen hat, an der viel zu späten Reaktion auf die Konkurrenz oder die möglicherweise chaotischen Strukturen der open source Szene, sei an dieser Stelle dahingestellt.