Einleitung
Aller Anfang ist schwer. Oder doch nicht?
Eines ist sicher: Barrierefreie Internetseiten kann niemand auf Anhieb ohne Probleme umsetzen. Das heißt aber auch nicht, dass die Programmierung nur einem elitären Kreis vorbehalten ist.
Warum ist Barrierefreiheit für uns PHP-Leute wichtig?
Die Frage ist sehr leicht zu beantworten: mit Hilfe von PHP werden (dynamische) Webseiten in HTML/XHTML erzeugt (Hintergrundinformationen zur Entwicklung des Webs zum HTML-basierten Informationsmedium finden sich im Anhang im Kapitel 7.1). Inzwischen liegt PHP mit über 15 Millionen Installationen (Quelle: php.net) weltweit mit an der Spitze der erfolgreichsten scriptbasierten Websprachen überhaupt. Im Klartext: eine unübersehbare Anzahl von Webseiten im globalen Netz wird durch PHP-Code zur Laufzeit erstellt (sprich: gerendert). Da auch eine große Anzahl an "major sites" (Portale, internationale Firmen etc.) auf PHP setzen, ist es für PHP-Programmierer wichtig, sich mit den Grundlagen der Barrierefreiheit auszukennen.
Was heißt das eigentlich: Barrierefreiheit?
Für Blinde und Sehbehinderte soll die moderne Welt nicht am Bildschirm aufhören - Blindenschrift für den Computer heißt das Stichwort; denn das Internet eröffnet neue Dimensionen. Ein Lesegerät für Blinde übersetzt Buchstaben von Computerbildschirmen in Braille, die erhabene Schrift aus sechs Punkten. Der Apparat lässt die Punktschrift an einer rotierenden Walze wie ein Reifenprofil unter dem Finger des Lesers entlang ziehen.
Dennoch ist für viele blinde Menschen die schöne neue Welt des Internets immer noch verschlossen (zumal Braille-Zeilen teuer sind). Akustische Übersetzungsprogramme (Screen-Reader) können längst nicht mit Braille mithalten. Schlimmer noch: Programmierer und Webdesigner tun ihr übriges mit ihren Sites, um Blinden und anderen (Seh)behinderten das Leben so richtig schön schwer zu machen.
Was heißt das? Tabellen beispielsweise, die zur Positionierung von Bildern und Logos verwendet werden, werden vom Lesegerät Zeile für Zeile vorgelesen. Das kann für den User sehr mühsam sein, zumal <img>-TagsHTML-Tag zum Einbinden von Grafiken nicht gerade informativ sind. Statt Informationen erhält der Blinde lediglich einen unverständlichen Wort- und Buchstabensalat.
Aber es gibt auch eine Reihe anderer Behinderungen, wie die Farbblindheit (vergl. Kapitel 3.4.1), dessen Nachteile man mit sauberer Programmierung minimieren kann.
Die einzige Lösung kann daher nur sein: sämtliche Layouttabellen und allen überflüssigen Code zu verbannen. Damit man genau weiß, was überflüssig ist, gibt es Standards auf die wir hier näher eingehen werden. Die grafische Ausgestaltung der Seiten übernimmt fortan CSS (die nötigen Informationen zur Anwendung stehen in Kapitel 3.3).
Was ändert sich und was bleibt gleich?
Die Arbeits- und Herangehensweise bei der Programmierung von barrierefreien und validen Webseiten wird eine andere sein. Es ist mehr Know How notwendig, logisches Umdenken ist gefragt. Damit solche Webseiten aber überhaupt richtig angezeigt werden können, benötigt man die neueren Browserversionen. Ältere Browser, wie z.B. der immer noch eingesetzte Netscape Navigator 4.7 und andere gehören damit endlich der Vergangenheit an, weil diese schlicht und ergreifend nicht fähig sind, modernere Websites darzustellen.
Mehr Arbeit...?
Wer glaubt, dass mit der Umsetzung von barrierefreien Websites viel Arbeit auf einen zukommt, irrt gewaltig. Die Aussagen mancher großer Agenturen, eigens Taskforces eingerichtet zu haben, um diese Aufgaben bewältigen zu können, ist einzig allein ein Marketingtrick, oder Zeugnis von zu wenig Erfahrung im Umgang mit CSS.
In der Praxis zeigt sich sehr schnell, dass die Programmierung von validen (sprich: "grammatikalisch korrekten") und gleichzeitig barrierefreien Seiten lediglich eine andere Herangehensweise darstellt als bisher. Und ganz nebenbei gesagt: exakt dazu wurden HTML-Standards (vergl. Kapitel 3.1) verabschiedet. Regeln, an die man sich als Webdesigner halten sollte, sind nun wirklich nichts Neues. Vielmehr sollten Designer dankbar sein, dass Browser in der Regel auch mit dem wüstesten Code ("HTML-Suppe") bislang fast immer klar gekommen sind.
Im Übrigen gibt es genügend Werkzeuge, welche uns "Web-Leute" bei der Entwicklung barrierefreier Sites unterstützen (mehr dazu in Kapitel 5).
...und außerdem
Seit dem Inkrafttreten des "Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen" ist Barrierefreiheit nicht mehr nur eine nette Geste, sondern für öffentliche Anbieter Pflicht. Ab dem 1. August 2002 müssen alle Seiten, die von Bundesbehörden ins Netz gestellt werden, bestimmten Kriterien an die Barrierefreiheit genügen. Entsprechende Gesetze und Verordnungen auf Landes- und kommunaler Ebene sind in Vorbereitung und werden sich an die Vorgaben der Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITVBarrierefreie Informationstechnik-Verordnung) anlehnen. Mehr dazu im Kapitel 2.1)
Die Anzahl behindertengerecht programmierter Websites wird in den nächsten Jahren rapide zunehmen. Noch ist Zeit, sich die Techniken dahinter genauer anzusehen.